Psychische Erkrankungen sind ein großes gesellschaftliches Problem. Laut dem Robert-Koch-Institut leiden in Deutschland rund 20 Prozent der Bevölkerung an einer psychischen Erkrankung. Eine frühzeitige und professionell angeleitete Behandlung ist von großer Bedeutung, um eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern und eine schnelle Rückkehr in Beruf und Alltag zu ermöglichen.
Verdopplung der Psychotherapie-Studienplätze!
Durch die demografische Entwicklung und die zunehmende Anerkennung der Wichtigkeit und Entstigmatisierung der psychischen Gesundheit in unserer Gesellschaft, ist die Nachfrage nach Fachpersonal in diesem Bereich in den letzten Jahren stark angestiegen.
Eine Verdopplung der Bachelor-Studienplätze für Psychologie würde dazu beitragen, dass mehr junge Menschen die Möglichkeit haben, ein Psychologie-Studium aufzunehmen und sich so für eine Karriere in diesem Bereich zu qualifizieren. Grund dafür wäre die damit einhergehende Senkung des Numerus Clausus (an der CAU-Kiel zum Wintersemester 2022/23 bei 1.4), der für viele junge Menschen ein kategorisches Ausschusskriterium für die Aufnahme eines Psychologie-Studiums darstellt, auch wenn alle anderen Kriterien der Berufseignung erfüllt sind.
In den Jahren vor der Studiengangsreform konnte an der CAU-Kiel allen interessierten Bachelor-Absolvent*innen ein Master-Studienplatz zur Verfügung gestellt werden. Dies muss auch jetzt, wo vom früheren allgemeinen Master ein spezifischer, für die spätere therapeutische Ausbildung notwendiger, klinischer Master abgetrennt wurde, weiter ermöglicht werden. Eine Sicherung der Anzahl der klinischen Master-Studienplätze auf mindestens 70% der Anzahl der Bachelor-Studienplätze, verhindert, dass interessierte Absolvent*innen entgegen ihrem Willen von der Fortführung ihrer psychotherapeutischen Ausbildung abgehalten werden.
Mehr Praktikumsplätze!
Eine Pflicht-Praktika im Psychologie-Studium tragen dazu bei, eine Übersicht über die Vielzahl der möglichen Arbeitsfelder von Psycholog*innen zu erhalten, die bei der Entscheidung für ein späteres Berufsfeld elementar ist. Studierende, die ein Interesse an der Psychotherapie entwickelt haben, können zusätzlich bereits früh im Studium Einblicke in den therapeutischen Alltag zu erhalten und werden so bestmöglich auf ihre spätere Tätigkeit vorbereitet. Zudem ist es für die Qualifizierung zum klinischen Master verpflichtend insgesamt mindestens 10 der 14 Wochen Vollzeitpraktikum in einer Einrichtung mit dem Schwerpunkt der klinischen Psychologie zu absolvieren. Aktuell ist es allerdings oft sehr schwer, entsprechende Praktikumsstellen zu finden, da die Kliniken nur sehr begrenzt Praktikant*innen aufnehmen. Dadurch kommt es immer wieder dazu, dass sich das Bachelor-Studium, trotz erfolgreich eingereichter Bachelor-Arbeit über die Regelstudienzeit hinaus verlängert, da den Studierenden noch notwendige Pflicht-Praktika fehlen.
Obwohl sicherlich auch über eine Kürzung der Pflicht-Praktika nachgedacht werden sollte, sind hier vor allem auch die Kliniken, die immer wieder über Nachwuchsprobleme klagen, in der Verantwortung, entsprechend ihrer Kapazitäten auch Praktikumsplätze zur Verfügung zu stellen.
Ausbildungsplatzgarantie!
In Schleswig-Holstein gibt es aktuell sechs Anbieter für Ausbildungen zur psychologischen Psychotherapeut*in mit Schwerpunkt Erwachsenenalter. Insgesamt werden pro Jahr zwischen 24-32 Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt. Allerdings erlangen auch jedes Jahr etwa 60 Studierende (CAU-Kiel und Uni Lübeck) einen klinischen Masterabschluss mit dem Ziel einer therapeutischen Ausbildung. Es darf nicht sein, dass die Hälfte der Absolvent*innen keinen Zugang zu einem Ausbildungsplatz bekommt, weshalb die Anzahl der Ausbildungsplätze an die Anzahl der Absolvent*innen angeglichen werden muss.
Mehr Psychotherapie-Praxen!
Zudem basiert der aktuelle Schlüssel für die Zuweisung von Kassenplätzen für Psychotherapie-Praxen auf Verteilungsregeln, die in den 1990er Jahren festgelegt wurden und seitdem nicht mehr angepasst wurden. Die Folge ist, dass es in einigen Regionen deutlich mehr Kassenplätze gibt als in anderen und dass die Verteilung nicht mehr den aktuellen Bedürfnissen der Bevölkerung entspricht. Daher ist es notwendig, die Zuweisung der Kassenplätze neu zu berechnen, um sicherzustellen, dass jeder Mensch, der eine Psychotherapie benötigt, auch zeitnah und ohne unzumutbare Fahrzeiten, Zugang zu einem Therapieplatz bekommt. Da sich die Bedarfe voraussichtlich auch in Zukunft weiter entwickeln werden, fordern wir die Einsetzung einer dauerhaften Kommission, die alle fünf Jahre eine neue Bedarfsanalyse anfertigt.
Kostensenkung für Kassenplatzübernahmen!
Zuletzt müssen die Kosten für die Übernahme eines Kassenplatzes radikal gesenkt werden. Die anfallenden Kosten liegen in Deutschland zwischen 40.000€ und 80.000€. Diese Geldsummen entbehren jeder Grundlage da, anders als bei der Übernahme von Arztpraxen, in den seltensten Fällen Praxisräume, Ausstattung und Patient*innenstamm mit übernommen werden. Faktisch wird bei der Übernahme nur die Berechtigung zur kassenärztlichen Abrechnung erworben. Die Preise werden aufgrund der beinahe 100% Jobsicherheit und der hohen Bewerber*innenzahl in die Höhe getrieben. Zusätzlich können sich die Halter*innen bis zuletzt das Recht offenhalten, den angebotenen Platz doch nicht abzugeben, was ihnen in Preis-Verhandlungen die Oberhand sichert. Mit einer Einschränkung dieses Rückzugrechtes kann wenigstens ein Teil der Kosten eingefangen werden.